KÖLN ENTDECKT K Advent – en stell Zigg? » E ANTI-WEIHNACHTSMANN-LEED« Immer wann d’r Hervs gekumme, Äppel rief sin un och Prumme, eß dä Chreßdagsrummel widder drahn. Hell en alle Großstadtstroße, un mer fingk dobei kein Moße, gletzert bunte Flitterkrom dich ahn. Deiht et dich och störe, do muß ahn der höre, wie us alle Röhre schratelt et sudann: „Morgen kommt d’r Weihnachtsmann!“ Jung, ich möch ene Knöppel han! Warenhus, ov klein Geschäfte, jeder mäht noh singe Kräfte dat Gedöns öm „Chreßdags-Feschzog“ met. Wat för Kinder woren Dräumcher, wahden op de Dannebäumcher, dat verfolg se jitz op Schrett un Trett. Wann de Kasse klinge, deiht et ölig singe, un verloge Stemme knaatschen em Duett: „Morgen kommt d’r Weihnachtsmann!“ Jung, ich möch ene Knöppel han! Wat ganz höösch em Stall passeet eß, zwesche Esel, Schof un Stallmeß, weed hück met Brimborium gefeet. Chreßtus selvs, bei su nem Krempel, schmeß de Händler us däm Tempel. Su hät et d’r Här uns selvs geleet. Doch wat hilf dat Strigge, muß et evens ligge, dat ach Woche för d’r Zigg mer luter höt: „Morgen kommt d’r Weihnachtsmann!“ Jung, ich möch ene Knöppel han! In aller Deutlichkeit beschreibt Albert Schneider in seinem Anti-Weihnachtsmann-Leed das Dilemma, in dem sich der moderne Stadtmensch im Dezember befindet: Der Advent gilt als Zeit der Stille, der Besinnung, in der man sich auf das bevorstehende Fest der Geburt Christi vorbereiten soll. Zwar finden Vorbereitungen statt, aber ganz anderer Art: Hausputz, Einkauf, Planung von Einladungen und Mahlzeiten und und ... Selbst da, wo man eigentlich Ruhe und Stille erwarten sollte, nämlich in der Kirche, bricht Aufregung aus: die Mädchen und Jungen aus dem Messdienerkreis waren wieder nicht vollzählig beim Üben für die Christmette, die Weihnachtskrippe bedarf dringender Reparaturen und der Chor beherrscht immer noch nicht die neue Weihnachtsmesse! Statt Ruhe und Besinnung breitet sich allenthalben Unrast und Hektik aus. Do möch mer wirklich mänchmol ene Knöppel han! Dabei bietet gerade der Dezember doch schon allein wegen seiner kurzen Tage und der frühen Dunkelheit Gelegenheit, es bedächtiger angehen zu lassen. Und die Adventssonntage sowie die Festtage der Heiligen laden ein, sich gegenseitig zu besuchen und eine kleine Freude zu machen. Den Anfang macht die heilige Barbara am 4. Dezember. Die Legende der historisch nicht fassbaren Frau ist, wie bei vielen Märtyrern, äußerst blutig. Der eigene Vater sperrte sie zum Schutz vor schädlichen Einflüssen in einen Turm und, als sie dennoch zum Christentum übertrat, enthauptete er sie eigenhändig. Er selbst wurde im gleichen Moment von einem Blitz erschlagen. Obwohl der Festtag schon 1969 aus dem „Calendarium Romanum“, dem offiziellen Festkalender der katholischen Kirche, gestrichen wurde, wird er auch heute noch, besonders in Köln, gefeiert. Barbara, die zu den vierzehn Nothelfern und den drei heiligen Madln zählt, gilt als Patronin für eine sanfte und leichte Todesstunde, eben weil ihr eigener Tod so roh war. Damit ist sie auch Beschützerin der Berufe, bei deren Ausübung man mit einem jähen Tod rechnen muss, z. B. der Artilleristen, der Bergleute, der Baumeister, der Feuerwehrleute, der Glöckner und Glockengießer, sowie der Büchsen- und Pulvermacher, der Sprengmeister, der Feuerwerker und anderer Berufsgruppen. Außerdem soll sie in bestimmten Gefahrensituationen beistehen, wie Gewitter und Feuersbrunst sowie Fieber und Pest. Der 4. Dezember gilt auch als Lostag, der über Zukünftiges Auskunft geben soll. So schneidet man an diesem Tag Obstzweige, besonders Kirschzweige, und stellt sie ins Wasser. Blühen sie zu Weihnachten, so bedeutet dies Glück, bleiben sie jedoch dürr und trocken, droht Unglück. 20 KLAAF KÖLN ENTDECKT
K KÖLN ENTDECKT © Camillo-venrath, Figur Hl. Barbara, CC BY-SA 4.0 Eine Reihe von Bräuchen haben sich im Laufe der Jahrhunderte entwickelt, die überwiegend vom Schenken geprägt sind. Am bekanntesten ist sicher die Tradition, dass Kinder am vorhergehenden Abend ihre Schuhe ordentlich säubern und aufstellen. Barbara füllt sie dann in der Nacht mit den herrlichsten Süßigkeiten – meistens: Die heilige Barbara, Figur aus der Kölner St. Barbara-Kirche » UNJERÄÄCHTE BARBARA« Barbara, wat beß do schlääch, uußerdäm och unjerääch. Jestere stallt ich bletzeblank doch ming Schohn he op de Bank; wie ich hück han nohjesinn, hatt ich bloß ene Klütten dren. Barbara, do deis meer leid, nenns do dat Jeräächtichkeit? No, ich muß zwor enjeston, dat ich et nit selvs jedon; denn – sach selvs, wor dat nit nett? – he ming jode Schohn die hät meer mi Schwester blankjeputz för paar Jrosche un ene Butz. Weil ich der dä Deens bezallt, han ming Schohn ich opjestallt; kunnt jo hoffe, weil se blank, dat ich dren jet kräht zom Dank. Do häß – eß dat dann en Aat? – nor ene Klütten drenjelaht. Dank op su en Aat un Wies fingen ich verhaftich fies! Jetz eß meer nor eins nit klor: Woherr woß dat Oos dat nor? Schon zwei Tage später gilt es wiederum, Stiefel und Teller herauszustellen oder Strümpfe aufzuhängen. Denn in der Nacht zum 6. Dezember „kütt der hellige Mann“, der Nikolaus. Ob Heribert Klar hier seine eigenen Erfahrungen schildert? Auch hier ist es schwierig, die hinter ihm stehende historische Persönlichkeit auszumachen. Offensichtlich handelte es sich um zwei Kirchenmänner namens Nikolaus, die schließlich zu dem uns bekannten Heiligen verschmolzen. Der eine war wahrscheinlich im 4. Jahrhundert Bischof von Myra, der andere war Abt von Sion und Bischof von Pinara in Lykien und starb 564. Seit dem 6. Jahrhundert wird Nikolaus im Osten verehrt. Es war Theophanu, die den Kult mit nach Köln und Europa brachte. Zwar gab es sowohl während der Reformation wie auch in der Franzosenzeit Versuche, ihn zu unterbinden – vergeblich. St. Nikolaus ist aufgrund der ihm zugeschriebenen Legenden besonders den Kindern zugetan. Da es aber hin und wieder auch weniger brave Jungen und Mädchen gibt, muss ab und zu die Rute in Aktion treten, wofür in der Regel der finstere Begleiter des Nikolaus zuständig ist: nämlich der Knecht Ruprecht, Hans Muff und wie er sonst noch genannt wird. Nikolaus von Myra auf einer russischen Ikone von 1294 KÖLN ENTDECKT KLAAF 21
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