DE KÖLSCHE KÖCH In der Rubrik „Kölsche Köch“ stellt Thomas Coenen in jeder Ausgabe ein Rezept aus der historischen kölnischen Küche vor und beschreibt die Hintergründe oder Besonderheiten der eingesetzten Produkte. Fotos: stock.adobe.com, FomaA, Danil / iStock, Irina Vodneva Oma Kleinmanns dubbelte Kraffbröh Ganz gleich, wie man diese Lokalität auch bezeichnet, ob als Kneipe, Wirtschaft oder Restaurant, man liegt nie ganz verkehrt. Die Rede ist von der Gaststätte „Zum Goldenen Krug“ auf der Zülpicher Straße in Köln. Besser bekannt als „Bei Oma Kleinmann“, der langjährigen Köchin dieser nach dem Zweiten Weltkrieg zur Institution gewordenen kulinarischen Adresse. Ihr zu Ehren wurde der „Goldene Krug“ im Jahre 1999 umbenannt. Paula Kleinmann verstand sich auf die Tradition der deutschen Küche, so, wie sie bis zum Ausbruch des Krieges gepflegt wurde. Besonders hervorzuheben waren ihre Wildgerichte, die man in dieser Qualität andernorts nicht allzu häufig antraf. Aber auch die bodenständige Küche hatte hier eine gute Adresse. Durch die nahe Universität zählten viele Studenten zu ihren Gästen und die Preise waren entsprechend moderat, die Portionen durchaus üppig. Ich hatte in den 70er und 80er Jahren häufiger Gelegen heit, mit meiner Frau, später auch mit der Familie hier zu spei sen. Und ich erinnere mich noch gut an den herzlichen Empfang und das willkommene kleine Gespräch mit dem Wirt Gustav Kleinmann. Der Sohn von Paula Kleinmann servierte gleich zum Auftakt ein Tässchen Suppe, ohne groß zu fragen und noch vor der Bestellung. Dieses Süppchen vorweg war etwas ganz Besonderes. Es war eine Fleischbrühe mit etwas Gemüse als Einlage. Am Tresen stand dafür auf einer klei nen Heizplatte ein großer Topf, aus dem er die Suppe schöpfte. Oma Kleinmann hatte damals in ihrer Küche immer einen Topf mit Fleisch- oder Knochenbrühe auf dem Herd, der leise vor sich hin köchelte. Diese hausgemachte Brühe war ein wichtiger Bestandteil für Suppen und Saucen und natürlich für die Begrüßung der Gäste. Für Sonntag wurde dann eine doppelte Kraftbrühe daraus bereitet, die auch schon mal ein paar grüne Erbsen enthielt und dafür von den Gästen liebevoll als schottische Erbsensuppe bespöttelt wurde.* * Frangenberg, Helmut: „Oma Kleinmann“, 2007, Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln Oma Kleinmanns Rezept habe ich leider nicht vorliegen, aber wie eine solche doppelte Kraftbrühe zubereitet werden kann, zeige ich Ihnen gerne im Folgenden. 22 KLAAF KÖLSCHE KÖCH
KLEINES KÖLSCHE-KÖCH-LEXIKON DE KÖLSCHE KÖCH Zutatenliste 1 kg Ochsenfleisch (Schwanzstück, Keule, Rippe oder Beinscheibe) ca. 1 kg zerhackte Mark- und Kalbsknochen 4 l Wasser ¼ Sellerie, 2 Möhren 2 Petersilienwurzeln 1 Zwiebel 1 Stange Porree 10 Pfefferkörner 1 Zweig Liebstöckel 2 Lorbeerblätter Salz ZUBEREITUNG: Das Fleisch und die Knochen unter fließendem, kaltem Wasser kurz abspülen und in einen großen Topf geben. Mit Wasser auffüllen, das Fleisch muss bedeckt sein, dann zum Kochen bringen und den aufsteigenden Schaum abschöpfen. In der Zwischenzeit das Gemüse putzen und klein schneiden. Sobald der Schaum entfernt ist, die Brühe salzen und das zerkleinerte Suppengemüse zugeben. Erneut aufkochen und mit Lorbeer, Pfefferkörnern und Liebstöckel würzen. Die Hitze reduzieren und die Brühe etwa 3 Stunden sachte köcheln lassen. Dann das Fleisch herausheben und die Brühe durch ein Sieb gießen. Das Fleisch kann noch anderweitig verwendet werden, das Gemüse und die Gewürze wirft man weg. Die Brühe erkalten lassen und soweit wie gewünscht entfetten. Diese Fleischbrühe ist jetzt schon sehr schmackhaft und kann mit etwas klein geschnittenem, kurz gegartem Suppengemüse und je nach Belieben mit einem frischen Eigelb serviert werden. Fleischzupp: Fleischsuppe, Fleischbrühe. Eine durch langsames Einkochen gewonnene Brühe aus Fleisch, besonders Rind- oder Kalbfleisch mit Suppengemüse. Im Sprachgebrauch wurde eine solche Fleischbrühe meist als Fleisch zupp bezeichnet. Gewööz: Gewürz. Für die Zubereitung von Speisen und Getränken genutzt, um den Geschmack und das Aroma zu verbessern. Meist sind sie pflanzlicher Herkunft und können frisch oder getrocknet aus verschiedenen Pflanzenteilen bestehen (Wurzeln, Rinden, Spros - sen, Blättern, Blüten, Früchten, Knos - pen oder Samen). Köln war in reichsstädtischer Zeit ein führender Handelsplatz für Gewürze wie „Peffer“, „Angenies“ (Anis), „Kaniel“ (Zimt), „Muskat“ oder „Nägelche“ (Gewürznelken), die über die Niederlande bezogen wurden. Aber auch Salz, Zucker, Essig u. a. gehören dazu. Knochebröh: Knochenbrühe. Brühe, die aus Knochen durch langsames Einkochen gewonnen wird. Meist werden Mark- und Sandknochen vom Rind oder Kalb verwendet. In alten Kölner Haushalten wurde sie aus Rindfleisch mit Knochen, Wurzelgemüse und Gewürzen zubereitet (Fleisch- un Knochebröh). Sie diente als Brühe mit Einlage oder als Basis für andere Suppen und Saucen. Kraffbröh: Eine besonders kräftige Fleisch- und Knochenbrühe, die als „dub - bel te Kraffbröh“ ein zweites Mal mit gehacktem Rindfleisch eingekocht und mit Eiweiß geklärt wird und meist als klare Brühe auf den Tisch kommt. Woozelgemös: Wurzelgemüse. Es handelt sich um die Gemüse wurzeln, die für das Kochen einer Fleischbrühe ver - wendet werden, um der Brühe einen kräftigen Geschmack zu verleihen, wie z. B. Sellerie, Möhren, Petersilienwurzeln, Porree und Zwiebeln. Für unsere doppelte Kraftbrühe benötigen wir aber noch einen zweiten Bearbeitungsschritt und folgende Zutaten: 500 g Rindergehacktes 20 g magerer roher Schinken je 100 g Petersilienwurzel, Möhren, Sellerie 2 mittlere Zwiebeln Eiweiß und Schalen von 3 frischen Eiern 1 TL Salz, ½ TL schwarze Pfefferkörner, 1 kleines Lorbeerblatt 2 l Kraftbrühe, 1–2 Stängel Petersilie Den Schinken klein schneiden und zusammen mit dem Gehackten in einen entsprechend großen Topf geben. Das geputzte und grob gehackte Gemüse zugeben, mit dem Fleisch gut vermischen. Eiweiß und Schalen, den Pfeffer und das Lorbeerblatt zugeben. Die kalte Brühe zugießen und salzen. Den Topf auf starke Hitze stellen und die Brühe unter ständigem Rühren zum Kochen bringen. Dann die Hitze reduzieren und die Brühe 45 Minuten lang ungestört im offenen Topf sieden lassen. Anschließend den Topfinhalt durch ein großes Sieb gießen, das mit einer doppelten Lage feuchtem Mull ausgelegt ist. Was im Sieb verbleibt wegwerfen, die Kraftbrühe erneut erhitzen und vorsichtig abschmecken, der Geschmack sollte nicht von den Gewürzen überdeckt werden. Die Brühe in Tassen oder Teller füllen und vor dem Servieren mit etwas gehackter Petersilie bestreuen. Fotos: iStock, Savushkin + robynmac / stock.adobe.com, mates KÖLSCHE KÖCH KLAAF 23
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