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KLAAF 02/21

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Interview: Carolin Kebekus und Sandra Beckmann, Mit-Initiatorin des Bündnisses #AlarmstufeRot Serie: Gedenktafeln in Köln Klaaf em Mediapark Kölner Abend

DE KÖLSCHE KÖCH In der

DE KÖLSCHE KÖCH In der Rubrik „Kölsche Köch“ wird in jeder Ausgabe ein Rezept aus der historischen kölnischen Küche vorgestellt und die Hintergründe oder Besonderheiten der eingesetzten Produkte beschrieben. Fotos: photocrew, zi3000, kolesnikovserg / stock.adobe.com VERWENNT- SCHNETTCHE met KUMPOTT Für unsere Vorfahren unterschieden sich die Planungen für die Küche und den Speisezettel deutlich von unseren heutigen Gewohnheiten. Statt kurzfristig eine Einkaufsliste abzuarbeiten, um für das Wochenende gerüstet zu sein, war eine langfristige Vorratshaltung üblich. Dabei setzte man natürlich vorrangig auf im Haushalt selbst zubereitete Nahrungsmittel. Häufig wurde dafür ein zeitlich begrenztes Überangebot verarbeitet, wie zum Beispiel bei einer Hausschlachtung. Was nicht in absehbarer Zeit gegessen werden konnte, wurde gepökelt oder sauer eingelegt, geräuchert, zu Wurst verarbeitet oder gekocht und in Gläser eingemacht. Beim Fisch war es weniger die plötzlich verfügbare Menge als eher die begrenzte Frische der Fische. Hier setzte man auf das Beizen, Marinieren, Räuchern oder das Kochen und anschließende Einlegen in Gelee. Auch wer keinen eigenen Garten hatte, musste nicht auf die Vorratsbildung verzichten. Obst und Gemüse kamen jeweils zu den Reifezeiten besonders günstig auf den Markt und boten sich somit für die verschiedenen Konservierungsmaßnahmen an. Obst wurde durch Trocknen und Einwecken haltbar gemacht sowie für Kompott, Mus und die Herstellung von Marmeladen genutzt. Neben der gut geplanten Vorratshaltung war auch eine konsequente Nutzung der vorhandenen Nahrungs- und Genussmittel besonders wichtig. Das Wegwerfen von Lebensmitteln war verpönt und aus einem Resteessen ist so manche Lieblingsspeise entstanden. Die Kenntnisse über die Verwer - tung übrig gebliebener Speisen waren damals allgemein bekannt. Dazu gab es natürlich auch kleine Familiengeheimnisse und regionale Unterschiede, die liebevoll gepflegt wurden. Es wäre sicher spannend, diese kleinen Nahrungsgewohnheiten einmal zu erforschen. Unser „Verwenntschnettche met Kumpott“ ist ein denkbares Ergebnis einmal aus der Vorratsbildung, hier in Form eines heute nicht mehr so oft anzutreffenden Mirabellenkompotts und zum anderen aus der Verwertung von übrig gebliebe nem Weißbrot. Für Viele damals eine absolute Lieblingsspeise. 22 KLAAF KÖLSCHE KÖCH

KLEINES KÖLSCHE-KÖCH-LEXIKON DE KÖLSCHE KÖCH Zutatenliste 4 (oder 8 kleine) Scheiben Weißbrot oder Platz 0,1 l Milch 3 Eier Salz, Zucker 2 EL Semmelbrösel 2 EL Butter Zimt 500 g Mirabellen Zucker, Zimt 20 g Zitronat 0,1 l Wein 1 Zitronenscheibe Kumpott: Kompott. Obst wurde für die Vorratshaltung häufig als Kompott zubereitet und eingeweckt, aber auch frisch als Süßspeise oder Dessert gegessen. Während die Kernobstsorten wie Aprikosen, Pflaumen, Kirschen oder Mirabellen nur insoweit gegart wurden, dass sie weich aber noch nicht zerfallen waren, wurde aus Äpfeln oder Pflaumen häufig ein Mus bereitet. Weitere Sorten waren Birnen, Stachelbeeren, Johannisbeeren oder Himbeeren. Melekatömmelche: Aprikose. Mus: Mus, Kompott. Ein zu Mus ver kochtes Kompott aus Äpfeln oder Pflaumen (Prummemus). Succade: Sukkade, Zitronat. Die Schale grü ner, unreifer Zitronatzitronen, die durch das Einlegen in Salzwasser glasig werden. Anschließend werden sie in einer konzentrierten Zuckerlösung haltbar gemacht (Sukkadieren). Gewürfelt werden sie als Küchengewürz insbesondere für Backwaren verwendet. Verwenntschnettche: Verwöhnschnittchen. Im Rheinland und in Köln in der Pfanne aufgebackene Weißbrot- oder Platzscheiben, die zuvor in Milch eingeweicht und in Eigelb getunkt, anschließend mit Zucker und Zimt bestreut werden. Im Rheinland auch ein Begriff für üppig bestrichene Brotscheiben. Wießbrut: Weißbrot. Ein aus reinem Weizenmehl gebackenes Brot in verschiedenen Formen. Thomas Coenen ZUBEREITUNG: Die Milch mit einem ganzen Ei und etwas Zucker verrühren, das Weißbrot in eine flache Schüssel geben und mit dem Milchgemisch mehrmals übergießen, bis die Scheiben weich sind, aber noch nicht zerfallen. Das Eigelb der verbliebenen Eier mit ein wenig Salz verquirlen und die Weißbrot scheiben zunächst darin, anschließend in Semmelbröseln wenden. Die Schnitten in einer Pfannkuchenpfanne in heißer Butter hellbraun ausbacken. Noch warm mit Zucker und Zimt bestreuen und servieren, dazu das folgen de Mirabellenkompott reichen. Für das Kompott die Mirabellen waschen, Stiele und Kerne entfernen, dann mit Zucker, Zimt und dem klein geschnittenen Zitronat zusammen mit dem Wein und der Zitronenscheibe in einen Edelstahltopf geben und erhitzen. Die Früchte leicht köcheln lassen, bis sie weich aber nicht zerkocht sind. Abkühlen lassen und je nach Vorliebe mit etwas Zucker und Mandelblättchen bestreut servieren. Ob es sich bei den Verwenntschnettcher in erster Linie um die Resteverwertung oder um Leckereien zu besonderem Anlass handelt, bleibt Ihrem Urteil oder Ihrer Einstellung überlassen. Fest steht, dass der Wortteil „Verwennt“ von „verwenne“ = verwöhnen abgeleitet ist. Da man aber in der Regel das übrig gebliebene Weißbrot oder Platz nutzte, man kann auch in Scheiben geschnittene Milchbrötchen dazu verwenden, gelten wohl beide Aussagen zusammen: Resteverwertung und Verwöhnung. Die auch als „Arme Ritter“ bekannten Schnittchen waren schon im Spätmittelalter bekannt und kamen in Köln im 19. Jahrhundert vor allem sonntags abends auf den Tisch, vorausgesetzt, dass der Frühstücksplatz nicht restlos vertilgt worden war. In verschiedenen Gegenden des Rheinlandes verwendete man den Begriff „Verwenntschnettcher“, ebenfalls bekannt als „Verwent Brud“, auch für Brotscheiben, wenn sie bei einer schrägen Kruste auf der größeren Seite bestrichen wurden. So wurde eine größere Menge Butter, Marmelade oder Streichwurst aufgetragen. Der Esser dieser Schnitten wurde also besonders gut bedacht und bekam ein „Verwöhnschnittchen“. Manch sparsamen Hausfrauen sagte man nach, dass sie immer nur die kleineren Brotseiten bestrichen. Keine Chance hatte unser Verwenntschnettche früher an den vielen Fastentagen, die im „Hellije Kölle“ sehr häufig vorkamen. Lange Zeit ge - hörten Eier, Zucker und sogar Milch zu den an Fastentagen nicht erlaubten Nahrungsmitteln. Im Mittelalter waren Eier zudem relativ selten und gehörten, wie auch der Zucker, zu den Luxusartikeln. Auf die gleiche Weise wie das beschriebene Mirabellen-Kompott wurde auch anderes frisches Kernobst wie Aprikosen, Pflaumen, Reineclauden oder Kirschen zubereitet. Fotos: Savushkin / iStock nazarovsergey, Irina Fischer / stock.adobe.com KÖLSCHE KÖCH KLAAF 23

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