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KLAAF 02/21

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Interview: Carolin Kebekus und Sandra Beckmann, Mit-Initiatorin des Bündnisses #AlarmstufeRot Serie: Gedenktafeln in Köln Klaaf em Mediapark Kölner Abend

GEDENKTAFELN IN KÖLN

GEDENKTAFELN IN KÖLN Sancta Colonia – dat hellige Kölle Die große Anzahl von Kirchen und Klöstern war ein Grund dafür, dass man Köln bis heute gern als heilig bezeichnet. Einen kleinen Eindruck über die Dichte der Kirchenbauten in der Domumgebung erhält der Spaziergänger auf dem Roncalliplatz dank einer in den Boden eingelassenen Tafel. Allein acht Kirchen und Kapellen lagen Ende des 18. Jahrhunderts in direkter Domnähe. „Margriede“ war als Stiftskirche die bedeutendste dieser Gruppe. Sie lag östlich des Doms auf dem Domhügel. Zwei Treppen führten zum Rhein hinab, die der Kirche den Namen „St. Maria ad gradus“ gaben. Auf den Treppenstufen warteten professionelle Bettler auf milde Gaben. Der Kölner Volksmund verballhornte nicht nur den Kirchennamen, sondern wusste auch diese Szene zu einem passenden Spruch für Menschen mit viel Kleingeld umzumünzen: „Do häs gewess an der Margriedetrapp gesesse!“ Die Kirche, von Erzbischof Hermann II. (1036–1056) geplant, wurde von dessen Nachfolger Anno II. (1056–1075) geweiht. Er stattete sie großzügig aus und ließ die polnische Königin Richeza, Schwester seines Amtsvorgängers, dort beisetzen. Anno selbst wurde nach seinem Tod für eine Nacht in St. Marien graden aufgebahrt. Überreste der Atriumsäulen von St. Maria ad gradus auf dem Domherrenfriedhof Ein Atrium mit Säulengängen verband den Dom mit der Kirche, die rund 25 Jahre nach ihrer Einweihung völlig abbrannte, jedoch wiederaufgebaut und mehrfach umgebaut und erweitert wurde. Als einzige Stiftskirche Kölns fiel St. Maria ad gradus 1802/3 der Säkularisation zum Opfer, da sie wegen der Nähe zu anderen Gotteshäusern nicht in eine Pfarrkirche umgewandelt werden konnte. Die Franzosen nutzten das Gebäude als Tabak- und Proviantmagazin. Als 1816 die Freilegung des Domes beschlossen wurde, war das endgültige Ende von „Margriede“ besiegelt. Vier Pfarrkirchen sind auf der Tafel zu sehen: St. Johann Evangelist, St. Lupus, St. Maria im Pesch und St. Paul. Letztere gehörte als Pfarrkirche zum Stift St. Andreas und ist wohl bereits im späten 10. Jh. gegründet worden. Zwischen dem 14. und dem 17. Jh. wurde der Bau mehrfach erweitert. 1807 wurde er als einer der ersten abgebrochen. Einige wenige Kunstschätze, wie das Kreuzigungstriptychon, konnten gerettet werden und befinden sich in St. Andreas. Ein Jahr später wurde die Kirche St. Lupus, die an der Trankgasse lag, ebenfalls abgerissen. Ursprünglich gehörte sie zum Spital des Domes, das wohl auf Bischof Kunibert im 7. Jh. zurückgeht. Im 12. Jh. wurde das Gotteshaus zur Pfarrkirche. Wenig ist über sie und ihre Ausstattung bekannt. Heute befindet sich an der Stelle der Hauptbahnhof. St. Maria im Pesch diente den Hausangehörigen der Domgeistlichkeit als Pfarrkirche. Ihren Namen St. Maria in pasculo (in der Wiese) hatte sie von der Grünanlage erhalten, die damals den Dom umgab. Ursprünglich lag die 1140 zum ersten Mal bezeugte Kirche südlich der Kathedrale. Umfangreiche Bauarbeiten in diesem Bereich führten 1508 zum Abriss der alten Kirche und zum Bau einer neuen an der Nordseite. Westlich lag der alte Friedhof. 31 Stufen führten hinab zur Trankgasse, die im römi - schen Stadtgraben lag. 1796 entschied die französische Administration, den Dom als Vorratslager zu nutzen, und verlegte die Gottesdienste nach St. Maria im Pesch. 1803 wurde sie als Pfarrkirche aufgehoben und 40 Jahre später schließlich niedergelegt, als der Dom weitergebaut wurde. 20 KLAAF STADTGESCHICHTE

GEDENKTAFELN IN KÖLN Fotos: Ingeborg Nitt Die Bronzetafel auf dem Roncalliplatz Die Pfarrkirche St. Johann Evangelist ging aus der Hauskapelle der erzbischöflichen Pfalz hervor. Als Rainald von Dassel eine neue, dem heiligen Thomas geweihte Kapelle erbauen ließ, wurde die an der Südseite des Domes gelegene Johanneskapelle zur Pfarrkirche für die familia des erzbischöflichen Hofes. Die Kirche wurde mehrfach um- und neugebaut, zuletzt 1744. Dabei wurde auch der „Blaue Stein“ mit dem kurfürstlichen Wappen in die Fassade eingearbei - tet. Gegen ihn wurden die zum Tode Verurteilten dreimal gestoßen, während das Armesünderglöckchen läutete und der Henker rief: „Ich stüssen dich an dä blaue Stein, du küss din Vader un Moder nit mih heim.“ Anschließend wurden die Verurteilten zum Richtplatz gebracht. Im Zuge der Säkulari - sation wurde St. Johann Evangelist als Pfarrkirche aufgehoben, jedoch vom benachbarten Seminar weiterhin als Gottes haus genutzt, bis am 18. 11. 1827 die letzte Messe gefeiert wurde. Anschließend erfolgte im Rahmen der Freilegung des Domes der Abriss. Die zuvor erwähnte Thomaskapelle entstand zusammen mit dem neuen erzbischöflichen Palast, den Rainald von Das - sel seit 1163 an der Südseite des Domhofes erbauen ließ. Nach einem Einsturz wurde sie 1451 in spätgotischer Form wiederaufgebaut und blieb auch nach dem Abriss des Palastes bestehen. Als 1687 ein neues Amtsgebäude an die Kapelle angebaut wurde, wurde auch diese erneuert. Nach der Säkularisation wurde der Komplex von den Franzosen für administrative Aufgaben genutzt, in preußischer Zeit als Departementsarchiv, später als Zuckerfabrik. 1858 erwarb schließlich der christliche Kunstverein das Gebäude und gründete dort das Diözesanmuseum. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Bau völlig zerstört, und es entstand 1961 das Kurienhaus, das bekanntermaßen der „Historischen Mitte“ weichen soll. Ebenfalls am Domhof lag das Hospital Heilig Geist mit seiner Kapelle, das wohl von Erzbischof Anno II. gegründet wurde. Die Kapelle wurde im Laufe der Jahrhunderte zweimal neu errichtet und auch noch nach 1802, als das Hospital aufgehoben wurde, für Gottesdienste genutzt. 1846 wurde sie verkauft und abgerissen. Stattdessen errichtete das Domhotel dort ein weiteres Gebäude. Das achte auf der Tafel vermerkte Gotteshaus ist St. Lambert, die Hauskapelle der Domdechanei. Sie lag neben der „Pfaffenpforte“ und wird 1076 zum ersten Mal erwähnt. Es handelte sich um einen Zentralbau, ähnlich wie St. Gereon oder St. Heribert. In der Zeit vor ihrem Abriss 1826 wurde sie als Gerichtsarchiv genutzt. Wer sich einen Eindruck verschaffen möchte, wie die Zeitgenossen die Domumgebung zu Beginn des 19. Jh. wahrgenommen haben, dem sei das Buch von Ernst Weyden (1805–1869) „Köln am Rhein vor fünfzig Jahren“ empfohlen. Er beschreibt mit deutlichen Worten, wie verfallen und heruntergekommen die Gotteshäuser und die Gegend waren. Die Bronzeplatte, entworfen vom damaligen Dombaumeister Arnold Wolff, wurde 1997 vom Förderverein Romanische Kirchen Köln e. V. gestiftet, und ein Jahr später neben dem Kurienhaus in den Boden eingearbeitet. Ingeborg Nitt STADTGESCHICHTE KLAAF 21

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