KÖLNER KÖPFE befindet sich ebenfalls im Studienhaus. Und natürlich gibt es zahlreiche Kurse im Volkshochschulprogramm, die man als Vertiefung unserer Angebote sehen kann: Hat man bei uns einen Schnupperkurs besucht, kann man bei Interesse ein weiterführendes Seminar im Nachbarhaus buchen. Jakob Schüller: Und umgekehrt. Beim Alpha-Studio beispielsweise, das sich an Menschen mit geringer sprachlicher Kompetenz richtet, kann man nach dem Kurs rüber in die Bibliothek gehen, wo man an den Computern Zugriff auf bestimmte Programme hat, um das Gelernte zu vertiefen. Auch hier stehen wir nicht in Konkurrenz zueinander, sondern wir ergänzen uns sinnvoll. KLAAF: Für beide Institutionen gilt, dass sie ihre Angebote kontinuierlich an die Bedarfe der Nutzer anpassen müssen, um attraktiv zu bleiben. Mehr und mehr Menschen nutzen digitale Medien oder auch Online-Bildungsangebote. Die Auszeichnung als beste Bibliothek des Jahres 2015 zeigt, dass Ihnen der Drahtseilakt zwischen herkömmlichen Bildungsmedien und neuen Wissensvermittlungsformen ja offenbar gelingt … Dr. Hannelore Vogt: Der Mensch steht bei uns im Mittelpunkt und so ist es selbstverständlich, dass wir uns den Bedürfnissen der Menschen anpassen. Wissensvermittlung beinhaltet im 21. Jahrhundert auch die digitale Bildung. Aber die Leseförderung von klein auf spielt nach wie vor eine zentrale Rolle. Jakob Schüller: Wir stellen schon fest, dass die Menschen sich nach wie vor persönlich treffen wollen, sich austauschen und miteinander interagieren. Aber bei 78 000 Teilnehmenden jedes Semester – wir sind ja die größte Weiterbildungseinrichtung in NRW – sind natürlich auch die Begegnung auf Kommunikationsplattformen gefragt oder auch die Möglichkeit, von zu Hause aus – tutoriell begleitet – zu lernen. Man nennt das blended learning – eine Lernform, die die Vorteile von Präsenzveranstaltungen und E-Learning kombiniert, mit der wir gute Erfahrungen machen. KLAAF: „Bildung für alle“ müsste ja auch heißen, dass man an den Angeboten auch ohne großes Budget teilnehmen kann. Gibt es bestimmte Angebote, die sogar kostenfrei sind? Jakob Schüller: Meldet man sich zum ersten Mal für einen Alphabetisierungskurs an, ist der erste Kurs immer kostenlos. Außerdem halten Köln-Pass Inhaber und Bezieher von Leistungen nach Sozialgesetzbuch II 45 Prozent Ermäßigung beim Besuch einer VHS-Veranstaltung. Dr. Hannelore Vogt: Es gibt bei uns natürlich auch das Angebot für KölnPass-Inhaber, eine ermäßigte Mitgliedschaft zu beantragen. Aber grundsätzlich ist die Bibliothek für alle Menschen ja sowieso frei zugänglich. Man kann alle Medien vor Ort nutzen, ohne, dass man eine Karte braucht. Außerdem sind die ersten Schnupperkurse in der Regel kostenfrei. KLAAF: Für nicht-kommerzielle Institutionen ist es sicher eine ganz besondere Herausforderung, den Bürgern einen attraktiven Ort zwischen Zuhause und Arbeitsstätte zu bieten. Mit der neuen Stadtteilbibliothek in Kalk ist Ihnen dieser „dritte Ort“ offenbar gut gelungen. Wie wird das Angebot dort angenommen? Die Journalistin Christina Bacher im Gespräch mit Dr. Hannelore Vogt. Dr. Hannelore Vogt: Die Zweigstelle in Kalk wird nicht nur von den Bürgern eifrig genutzt, sondern ist auch Pilgerstätte für Bibliothekare und Architekten, die sich für die design thinking-Methode interessieren: Wir haben dort einen klassischen dritten Ort geschaffen, indem wir bei den Bürgern bereits in der Planungsphase Bedarfe abgefragt haben. Zudem wurde es dem Architekten ermöglicht, sich ein paar Tage in Kalk einzumieten, um sich mit dem Stadtteil vertraut zu machen. Daraufhin hat er dann das Modell für die Bibliothek entwickelt, in der wir übrigens auch die Idee der „open library“ umsetzen. Die Menschen können hierbei die Bibliothek selbständig mit ihrem Nutzerausweis öffnen und die Räumlichkeiten auch außerhalb der Servicezeiten nutzen. 8 KLAAF KÖLNER KOPF
KÖLNER KÖPFE „Auf unterschiedliche Bedarfe eingehen“. Dr. Hannelore Vogt und Martin Schüller tauschen sich darüber regelmäßig aus. KLAAF: Während sich die Volkshochschulen um die Erwachsenenbildung kümmern, haben die Bibliotheken ganz stark auch die jüngere Zielgruppe im Blick. Stichwort Leseförderung, für die sie sich ja stark engagieren. Wann sollte man denn Ihrer Meinung nach Kinder gezielt ans Lesen und Lernen heranführen? Dr. Hannelore Vogt: Wir haben Programme, die sich „BücherBabys“ nennen und die sich schon an Kinder ab 6 Monaten richten. Auch die literarischen Krabbelgruppen, in denen sich die Mütter austauschen können und einschlägige Literatur bekommen, zeigen, dass der Bedarf an Wissen groß ist, gerade, wenn es um die frühkindliche Förderung geht. Zu Recht, wie ich meine: Sprachentwicklung – die ja auch eine Voraussetzung für weiteres Lernen ist – erfolgt in den ersten sechs Lebensjahren am schnellsten, weil sich dann gewisse Synapsen im Gehirn vernetzen. Deswegen wird der Bereich der Leseförderung – neben der Digitalisierung – eins der Kernfelder unserer Arbeit in der Zukunft sein. KLAAF: Sehr lebendig und fruchtbar ist da ja auch die Kooperation mit der SK Stiftung, gerade, wenn man auf die Leseförderung schaut … Dr. Hannelore Vogt: Sie spielen da auf die Kinder- und Jugendbuchwochen an, an denen wir uns seit vielen Jahren rege beteiligen. Im Mai werden – wie jedes Jahr – wieder zehn Autorinnen und Autoren in Köln erwartet, die diesmal aus Norwegen kommen, dem Gastland der Frankfurter Buchmesse. Da wird es eine Woche lang neben Theater, Kino und öffentlichen Lesungen auch viele Schullesungen geben – ein tolles Projekt für die Schülerinnen und Schüler, um Autoren persönlich kennenzulernen und zu erleben, welche wunderbaren Bücher es in anderen Ländern gibt. KLAAF: Offenbar brauchen Menschen – gerade in der Großstadt – heutzutage mehr solche geschützten Räume, um sich zu treffen, auszutauschen, zu lernen oder vielleicht auch mal zur Ruhe zu kommen. Sehen Sie sich da auch in der Pflicht? Jakob Schüller: Die Volkshochschule ist in jedem Fall – genauso wie die Stadtbibliothek – ein Ort des Austauschs für ganz unterschiedliche Menschen. Und das scheint mir heute mindestens noch genauso wichtig wie damals, als man die Volkshochschule gegründet hat. Alleine durch die Sprachkurse kommen Menschen aus vielen Ländern zusammen und nutzen diese Treffen auch, um sich kennenzulernen und weiterzuhelfen. Neuerdings sind auch viele Geflüchtete in den Integrationskursen dabei, die hier vielleicht erstmals Vertrauen in eine Institution gewinnen. Ich bin davon überzeugt, dass es solche Orte weiterhin geben muss. Idealerweise in allen Stadtteilen, um möglichst allen Menschen – ob groß oder klein, arm oder reich – die Scheu vor Bildungsangeboten zu nehmen. Ein gutes Beispiel ist auch das Forum Volkshochschule im benachbarten Museum, das mittlerweile an 280 Tagen von uns bespielt wird und somit als wichtiger Ort des politischen und kulturellen Diskurses wahrgenommen wird. Hier treffen sich Vertreter der Stadtgesellschaft, die afrikanische Community oder Menschen, die den europäischen Gedanken weiterentwickeln wollen, der uns sehr wichtig ist. KLAAF: Ganz herzlichen Dank für das Gespräch. KÖLNER KOPF KLAAF 9
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